Nun waren wir also in Kroatien auf einem Campingplatz und warteten auf unsere Pässe. Wären wir zwei Tage später losgefahren, hätten wir unsere Unterlagen bekommen, Jakob seinen gesonderten internationalen Führerschein beantragen und wählen können (Europawahl - wichtig). Ungeduldig wie wir (verständlicherweise) waren, nutzten wir aber die erste Gelegenheit um loszufahren („Dann sind wir wenigstens mal weg!“).
Die reguläre Lieferzeit für internationale Einschreiben nach Kroatien ist, laut der deutschen Post, drei bis fünf Werktage. Angekommen waren wir Donnerstag Abend, also kurz vor dem Wochenende und aufgegeben wurden unsere Unterlagen am Freitag und Samstag. Eine Woche später, am nächsten Freitag, erhielten wir die Päckchen. Die zwei Tage die wir uns bei der Abfahrt gespart hatten, wurden durch acht Tage Wartezeit ziemlich gründlich annulliert. Wenigstens haben wir die Woche nicht einfach vorbeiziehen lassen, sondern das Ein oder Andere erlebt.

Natürlich haben wir uns, wie es sich für echte Touristen gehört, die Zeit, unter anderem mit Sightseeing vertrieben. Zum einen war da die nächste größere Stadt, Zadar. Diese erste Stadtbesichtigung war ein voller Erfolg. Nachdem wir endlich einen Parkplatz gefunden hatten, teilten wir uns direkt in zwei Gruppen auf. Marie und ich, die die Stadt besichtigen wollten auf der einen Seite und Jakob und Joshi, die zielstrebig in einem Angelladen hängen blieben (und auch nicht mehr rauskommen sollten), auf der Anderen. Zadar war schön, aber nicht außergewöhnlich. Neben den üblichen zurechtgemachten, touristischen Straßen der Altstadt, war unser persönliches Highlight eine Seeorgel, eine Installation eines zeitgenössischen Künstlers. Die Rohre der Orgel sind so am Kai angebracht, dass die Wellen Wasser durch die Rohre pressen und dadurch den Klang erzeugen, wodurch ein hypnotisierendes Klangbild entsteht.
Nach diesem, „ganz netten“, Stadtbesuch, fuhren wir auch direkt wieder nach hause, da Marie sich nicht ganz wohl fühlte und dann auch tatsächlich für zwei Tage krank wurde.

An den nächsten beiden Tagen blieben wir am Campingplatz. Nicht nur weil Marie nicht sehr fit war, sondern weil es wieder viel regnete. Eine wasserdichte Plane die wir zwischen den Bussen gespannt hatten, erlaubte es uns zumindest draußen zu sitzen und zu kochen (Jedes mal wenn wir in einem der Busse kochen, hat man das Gefühl man sitzt in einem mobilen Dampfbad).
Da wir vor der Saison unterwegs sind, war auf dem (sehr empfehlenswerten – Camping Miocic) Platz nicht viel los. Die Besitzer Nada und Alan waren äußerst zuvorkommend und luden uns, an einem der Regentage, sogar zu sich ins kleine, im Campingplatz integrierte, Lokal ein. Dort bereitete Alan für uns Risotto mit Sepia und Calamari zu. Während er die Fische vor unseren Augen sezierte, erzählte er uns mit ansteckendem Enthusiasmus verschiedene Anekdoten und Geschichten. Den ganzen Abend saßen wir zusammen und redeten. Er erzählte von zahlreichen amüsanten Begegnungen die er in seiner Zeit als Campingplatzbesitzer hatte und die beinahe alle darauf hinaus liefen, dass der oder die Person in der Geschichte sich dazu entschloss länger als geplant zu bleiben und ihm bei der Vorbereitung für die Hochsaison zu helfen. Das, und der gratis Schnaps den er freizügig ausschenkte, brachte uns recht schnell an den Punkt, dass wir zusagten am nächsten Tag für ihn zu arbeiten.

Die Arbeit war aber ziemlich schnell erledigt und so hatten wir wieder Zeit unser Touri-Programm weiterzuführen. Wie es sich für vier waschechte Waldorfschüler gehört, achten wir während der Reise sehr darauf auch viel von der Natur mitzubekommen. Deshalb unternahmen wir an einem Tag eine(n) Wanderung/Spaziergang um die Bucht an der wir standen. Der Hügel auf der anderen Seite war unbebaut (bis auf einen verlassenen Bunker und einige hübsche Ruinen) und an diesem Tag extremen Winden ausgesetzt. Außerdem besuchten wir den nahegelegenen Nationalpark Paklenica. Ein traumhaft schönes Stück Land in den Bergen, mit Felsen deren Oberflächen wie Reliefkarten geformt waren, oder auch Gesteinen die durchlöchert waren wie ein Schweizer Käse. Laut Wikipedia gibt es in dem Park eine Vielzahl von Tieren wie Echsen, Adler und Braunbären!!!, gesehen haben wir aber nur einige Schlangen (vermutlich Vipern).

Da uns aber nach diesem Ausflug die Nationalparks im Umkreis von 50 km ausgegangen waren, mussten wir notgedrungen doch wieder auf menschliche Bauwerke zurückgreifen um etwas besichtigen zu können. Also fuhren wir nach Norden auf die Nachbarinsel Pag (angeblich DIE Partyinsel Kroatiens), um den Ort Pag beinahe komplett ausgestorben vorzufinden. Es war kaum jemand auf der Straße und alle Kirchen und Museen hatten geschlossen #vorsaison. Höhepunkt der Stadtbesichtigung war die Entfernung eines Bienenschwarms durch einen Imker.
Die Insel an sich zeichnete sich vor allem durch ihre karge, mondähnliche Landschaft aus (die Venezianer sollen hier wohl fleißig abgeholzt haben), die einen tollen Kontrast zur grünen Festlandküste Kroatiens bildet.

Ansonsten waren wir hauptsächlich auf dem Platz, haben ausgeschlafen, waren beim Angeln (Also Jakob und Joshi. Wenn ich mich langweilen möchte sortiere ich lieber meine T-shirts in die Kategorien „normal“ und „nur zum schlafen geeignet“), haben gelesen, geglotzt, oder einfach gekocht.
Essen nimmt auf dieser Reise einen EXTREM hohen Stellenwert ein. Es vergeht kein Mahl, ohne dass wir mindestens einmal über Nahrung(saufnahme) reden.
Beispiel gefällig? Zitat Jakob beim schnippeln: „Ich schneide so schnell, dass die Zwiebel gar keine Zeit hat es sich anders zu überlegen“, oder „Mein neuer Lieblingsapfel ist der Floriner!“. Und auf ähnlich hohem Niveau Marie (todernst): „So hart find ich die noch nicht die Würschtl! Ist vielleicht auch Temperatur abhängig.“ Drei Jungs mit offensichtlich noch sehr pupertärem Humor sind daraufhin weggebrochen vor Lachen.

Insgesamt war es aber wirklich eine schöne Woche. Nicht besonders aufregend, dafür aber sehr entspannt und gemütlich. Im übrigen hätten wir uns auch einen schlechteren Ort zum warten aussuchen können. Der Campingplatz war komfortabel (Gott werde ich WC und Duschen vermissen!!!) und die Bewohner dieses herrlichen Landes waren allesamt freundlich und aufgeschlossen. Angefangen bei den Polizisten die uns neben der Straße kurz befragt haben, den Bauern auf deren Feld wir trampelten um nach dem Weg zu fragen, über den Schweißer, der uns mit einem ulkigen schwäbischen Akzent angesprochen hat, da er einige Jahre in Heidelberg gewohnt hatte, bis zu unseren Gastgebern Nada und Alan, die uns weniger wie Gäste, sondern eher wie Freunde behandelt haben.

Eine von Alans Geschichten beschreibt mein Gefühl gegenüber Kroatien ziemlich gut:
Als Gott die Welt erschuf, formte er für jedes Volk sein eigenes Land. Für die Chinesen China, für die Mexikaner Mexiko, die Russen Russland etc... Am Ende dieses Prozesses hatte er aber ein Volk vergessen, die Kroaten. Also gingen sie auf ihn zu und fragten, „Herr, welches Land habt ihr für uns bestimmt?“ Gott dachte einen Augenblick nach und sagte schließlich, „Seht, dieses Land hatte ich eigentlich für mich selbst beiseite gelegt. Aber da ihr kein Land habt werde ich es euch überlassen“. Und so wurde als letztes Land Kroatien erschaffen, das Land, dass Gott eigentlich sich selbst zugedacht hatte, aber nun glücklicherweise den Menschen zugänglich ist.



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